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Projekt: Das benutzer-freundlichste Onboarding für die neue Cumulus Kreditkarte.

Die neue Cumulus Kreditkarte legte bereits in den ersten Wochen einen fulminanten Start hin. Einzigartig in der Schweiz, wenn nicht in ganz Europa: Die Cumulus Kreditkarte ist innert Minuten in der one App digital einsatzbereit, Die Ergonomen hatten den Auftrag, die Benutzersicht entlang des gesamten User Journey sicher zu stellen und von Anfang bis zum Abschluss für einen einfach verständlichen und benutzungsfreundlichen Antragsprozess zu sorgen.

27. Juli 2022
Dr. Christopher H. Müller, Inhaber, Expert Consultant

Inhaber, Expert Consultant

Sandro Zuppiger, MSc, Consultant

Consultant

Die neue Cumulus Kreditkarte ist lanciert und legte bereits in den ersten Wochen einen fulminanten Start hin. Einzigartig in der Schweiz, wenn nicht in ganz Europa: Die Cumulus Kreditkarte ist innert Minuten, also direkt nach dem erfolgreichen Onboarding in der one App oder im Mobile-Browser, digital einsatzbereit, Das Instant Issuing der Gratis-Kreditkarte ist einer von vielen Vorteilen. Ein anderer ist das zügige Onboarding - voll digital. Die Ergonomen hatten den Auftrag, die Benutzersicht entlang der gesamten User Journey sicher zu stellen und von Anfang bis zum Abschluss für einen einfach verständlichen und benutzungsfreundlichen Antragsprozess zu sorgen.

Schnurstracks vom Einstieg zum Abschluss

Das Tempo, in dem ein Onboarding-Prozess durchlaufen wird, ist ein wichtiger Erfolgsfaktor. Entsprechend lag der Fokus der ersten Projektetappe auf der Entwicklung einer regelrechten Schnellstrecke für die Beantragung der neuen Cumulus Kreditkarte. Mit der one App von Viseca kann die Cumulus Kreditkarte innert Minuten beantragt, direkt digital hinterlegt und so unmittelbar nach Abschluss des Antragsprozesses eingesetzt werden - ganz ohne Papier! 

Unser Auftrag und Ziel dabei war, den funktionalen und kognitiven Aufwand des Kunden für die Beantragung der Cumulus Kreditkarte so gering wie möglich zu halten. Dazu testeten wir die einzelnen Onboarding-Schritte mit Benutzern im Usability-Labor, steigerten die Effizienz und Verständlichkeit des gesamten Prozesses dank klaren, verständlichen Anweisungen und sorgten dafür, dass die Benutzer einfach und mit einem guten Gefühl zum Ziel kommen.

Was resultierte entsprach exakt den Zielvorstellungen: Ein einfacher, klarer und verständlicher Onboarding-Prozess, der komplett papierlos ist und bei den Nutzern erst noch sehr gut ankommt! Doch wie erklärt man Nutzern, wieso sie den Antragsprozess via one App wählen sollen? 

Die User auf den richtigen Pfad führen
Auf jeder Reise gibt es Weggabelungen, Kreuzungen oder Routenoptionen, die vom User eine Entscheidung abverlangen. Auch im Antragsprozess für die neue Cumulus Kreditkarte stehen die Antragstellenden vor der Entscheidung, die Kreditkarte am PC, via Papierformular von Hand, im Browser des Smartphones oder sogar in der oneApp von Viseca zu beantragen.

Nun ist es so, dass der Kunde für die effiziente Nutzung der Kreditkarte, beispielsweise für die Zwei-Faktor-Authentisierung bei Online-Einkäufen, die oneApp sowieso benötigt. Für die Cumulus Kreditkartennutzer ist es also am einfachsten, sie beantragen die Karte direkt in der oneApp und verknüpfen die dort drin digital ausgestellte Karte mit dem Payment Service ihrer Wahl - Apple Pay, Google Pay, was auch immer...

Eine Weiche muss her

Wenn die Antragstellenden mit dem Smartphone oder dem PC in den Antragsprozess einsteigen, wissen die meisten nicht, wie sie am schnellsten und am bequemsten vom neuen Kreditkartenangebot von Cumulus profitieren können. Im ersten Schritt sind deshalb Information und Aufklärung angesagt: Auf der Einstiegsseite des Onboardings werden die zur Verfügung stehenden Optionen vorgestellt und auch deren Vorteile klar kommuniziert. Bei Handynutzern gibt es die Optionen oneApp oder Browser des Smartphones, beim Antrag auf dem PC, oder Laptop kann man dort weiter fahren oder aufs Smartphone wechseln - ganz einfach via QR-Code. 

Klingt trivial, ist es aber nicht. In einem kreativen Konzept-Sprint entwickelten die Ergonomen einfachere, komplizierte, langweilige und überfordernde Versionen dieser Weiche. Wir wählten schliesslich eine Handvoll Favoriten aus, die am stärksten auf das Ziel einzahlen sollten, dass die Anträge vornehmlich auf dem Smartphone und dort in der oneApp eingereicht werden.

Welche Variante mit welchen verhaltensökonomischen Kniffen ist am wirkungsvollsten? Diese Frage klärten wir schliesslich in einem gross angelegten Experiment.

Wirksamkeit testen

Um herauszufinden, welcher Prototyp der Weichenseite die Nutzer am wirksamsten in Richtung App-Download stupst, haben wir ein quantitatives verhaltensökonomisches Experiment aufgesetzt und mit knapp 400 potenziellen Kreditkartenkunden durchgeführt. Sinn des quantitativen Experiments war, statistisch zu validieren, welche der Varianten das Zielverhalten – die Beantragung der Kreditkarte via App – am stärksten fördert. Zum Erfolgsrezept gehört dabei, die Nutzer so sanft wie möglich aber so bestimmt wie für ihren Vorteil nötig in Richtung App zu stupsen – das ist die Herausforderung beim Nudging.

Welche verhaltensökonomischen Prinzipien waren also aus Sicht unserer Verhaltensökonomen am vielversprechendsten? "Aus der Verhaltensökonomie ist bekannt, dass Menschen grundsätzlich dazu tendieren, Standardoptionen zu wählen, denn dies zu tun, erfordert keinen grossen Denkaufwand und keine zusätzlichen Handlungen. Ausserdem gehen wir als Nutzer davon aus, dass die Standardoption aus gutem Grund gewählt ist. In einer digitalen Benutzeroberfläche lassen sich Standards mittels «Radio-Buttons» implementieren. Auf einem Screen mit einer Radio-Button-Auswahl müssen Nutzer zuerst eine Auswahl zwischen verschiedenen Optionen treffen, um danach im Prozess fortfahren zu können. Wenn nun eine Option standardmässig vorausgewählt ist und Nutzer die Auswahl bei dieser Option belassen, entfällt ein Klick und sie müssen nur noch «weiter» klicken, was den Aufwand für Nutzer deutlich reduziert."

Im konkreten Fall der Weiche haben wir folgende Massnahmen priorisiert: Nebst dem Defaultwert auf dem Zielverhalten listeten wir auch die Vorteile der App gegenüber dem alternativen Prozess im Browser prominent auf. So erkannten Nutzer auf einen Blick, dass der Download der App den Registrierungsprozess beschleunigt und schliesslich die Kreditkarte sofort eingesetzt werden kann. Die Antragsteller werden so in Richtung App gestupst: Sie haben die Wahl zwischen zwei wenn auch nicht ganz gleichwertigen Optionen.

Dieser Ansatz zahlte sich aus: Im Vergleich zu den anderen Varianten, die Nutzer stärker stupsten, führte die als wirkungsvollste Variante identifizierte zur höchsten Zahl an App-Registrierungen.

Alternativen bieten

Mit Verhaltensökonomie werden Entscheide zwar erleichtert, jedoch nie vorweggenommen. Umso wichtiger ist es, dass trotz Nudging stets die ganze Breite an Erwartungen seitens Kunden berücksichtigt werden.

Digitale Affinität, Selbstsicherheit, Gewohnheit, Steuerbarkeit sind einige der Faktoren, die beeinflussen, welchen Kanal die Antragstellenden für den Antrag wählen. Es gibt die Gipfelstürmer. Sie erklimmen den Berg quasi der Falllinie nach hoch und beantragen die Cumulus Kreditkarte direkt in der oneApp. Andere folgen den weiss-rot-weissen Markierungen und - in der Analogie - füllen den Antrag elektronisch auf dem PC aus. Und wie es Wanderer gibt, die lieber auf Umwegen zum Gipfel streben, gibt es jene Kunden, welche die Cumulus Kreditkarte nur mit dem doppelseitigen Papierformular beantragen wollen und dafür ein Hin und Her mit Papierantrag, Verträgen, Unterlagen und so weiter in Kauf nehmen.

Für die digital affineren Antragstellenden haben die Ergonomen Teile des Antragsprozesses, wie das Hochladen eines eigenen Fotos als Kreditkartensujet oder den ganzen Prozess vom Start bis zur Bestätigungsseite, getestet. Und die Texte entlang des digitalen Prozesses wurden auf Konsistenz und Verständlichkeit hin laufend verbessert.

Papier nimmt alles an - wenn denn klar ist, was wie ausgefüllt werden soll

Auch der Papierantrag mit einem vollgepfropften doppelseitigen Formular mit etlichen Fragen und vielen Erläuterungen in kleingedruckten Fussnoten wurde von den Ergonomen, respektive von Testpersonen, genaustens unter die Lupe genommen. Vor dem ersten Testdurchgang und nach jedem weiteren passten wir das Formular aus Benutzersicht an, ohne die rechtlich relevanten Texte und Eingaben zu verändern. Mit eindeutiger Gruppierung zusammengehöriger Fragen (Linien und Nähe), auffälligeren Hinweisen zu Pflichteingaben (nette Formulierungen mit "Bitte"), stringenter Aufmerksamkeitslenkung (relevante Passagen fett hervorgehoben, Pflichtangaben mit Pfeilen markiert) und - trotz Platznot - mehr Weissraum haben wir erreicht, dass viel weniger Briefe versandt werden müssen, um fehlende Angaben einzuholen. (Vermutlich, da die Statistik noch nicht vorliegt... Wir sind aber aufgrund der Rückmeldungen und Beobachtungen aus dem Usability-Test fest davon überzeugt!)

Das grosse Ganze betrachten
Der Papierantrag, die oneApp oder die Weichenseite sind bloss "kleine" Touchpoints betrachtet man den gesamten Antragsweg rund um die neue Cumulus Kreditkarte. Tritt man einen Schritt zurück stellt man fest: Die Kundenerlebniskette (neudeutsch auch Customer Journey genannt) für die Cumulus Kreditkarte gleicht einem komplexen Labyrinth, das viele Einstiegspunkte aufweist und nach vielen Einzelschritten schliesslich mit dem Erhalt der physischen Kreditkarte seinen Abschluss findet. Je nach Weg, den die Nutzer dabei einschlagen, treffen sie auf Herausforderungen wie den Wechsel von der Papierbroschüre aufs Mobiltelefon, den Übergang von Landing Pages zum Onboardingprozess in der oneApp inklusive Gerätewechsel oder das Einreichen von Unterlagen per Post inklusive Nachreichen vergessengegangener Dokumente ...

Ihre typische Kundenerlebniskette durchläuft mehrere Touchpoints, die jeder für sich ein kleines eigenständiges Projekt darstellen und könnte ungefähr so daher kommen: Sie entdecken beim Einkauf in der Migros die nett gestaltete Werbebroschüre zur neuen Cumulus Kreditkarte. Noch im Tram rufen Sie über den in der Broschüre abgebildeten QR-Code die Website von Cumulus auf, überfliegen die Vorteile der neuen Cumulus Kreditkarte und entscheiden sich, diese sofort zu beantragen. Mit dem Klick auf den Button "Jetzt beantragen" steigen Sie schnurstracks in den Antragsprozess ein, entscheiden sich bei der Weiche für den Antrag direkt in der oneApp und sind noch vor Ihrer Haltestelle im Besitz einer voll funktionsfähigen, digital ausgestellten Kreditkarte, mit der Sie erst noch überall Cumulus-Punkte sammeln. 

In solch komplexen Customer Journeys besteht das Risiko, dass der Reisende etwas nicht so versteht, wie es die Macher des Antragsprozesses gemeint haben. Um die Customer Journey die Antragstellenden einfach, klar und nachvollziehbar zu halten, waren die Ergonomen verantwortlich für die Konsistenz und Verständlichkeit der Kommunikation, und das von A-Z, von der Broschüre bis zum Willkommensbrief. Mit UX-Writing, Experten Reviews und Usability-Tests mit Benutzervertretern im Usability-Labor wurde die Kommunikation entlang der Kundenerlebniskette glatt gezogen, die Kette also textlich gestrafft und geölt. 

Der Antragsprozess für die neue Cumulus Kreditkarte wurde von Werbeplakat bis Welcome-Broschüre, von Papierformular bis oneApp aus Sicht der Benutzer getestet und optimiert. Wir sind stolz darauf, dass wir die Rolle als "Anwälte der Benutzer" und "Agenten der Entwickler/Agenturen" verantworten und die Benutzersicht in diesem Mega-Projekt aktiv einbringen durften.   

 

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Dr. Christopher H. Müller, Inhaber, Expert Consultant

Inhaber, Expert Consultant

Dr. Christopher H. Müller, Gründer und Inhaber der Ergonomen Usability AG, promovierte am Institut für Hygiene und Arbeitsphysiologie der ETH Zürich. Er ist seit mehr als 22 Jahren Experte für Usability und User Experience. Sein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen ermöglicht es ihm, rasch die Bedürfnisse und Perspektiven der Kunden zu verstehen. Mit viel Kreativität und Mut unterstützt er seine Kunden in Digitalisierungsvorhaben und bei der Optimierung von Produkten, Dienstleistungen oder Prozessen. Er verfolgt einen praxisorientierten Ansatz und entwickelt massgeschneiderte Lösungen, die effektiv umgesetzt werden können. Dr. Christopher H. Müller ist Kolumnist in der Netzwoche. Weitere Engagements sind unter anderem Stiftungsrat bei der Stiftung Zugang für alle, Mitglied in zwei Swico-Beiräten und Co-Präsident der Regionalkonferenz Nördlich Lägern.

Sandro Zuppiger, MSc, Consultant

Consultant

Sandro Zuppiger hat einen Master-Abschluss in Verhaltensökonomie von der Erasmus School of Economics in Rotterdam und ergänzt Die Ergonomen mit seinem Interesse an menschlichem Verhalten und Verhaltensänderung. Mit seiner Erfahrung in Marketing, Strategie und Kommunikation konzentriert sich Sandro Zuppiger auf die Geschäftsbereiche Verhaltensökonomie, Geschäftsentwicklung und Marketing. In seiner Freizeit ist er gerne in der Natur oder macht Musik.

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