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F wie Farbcodierung

Müllers kleines ABC (Netzwoche 7, 2016): F- wie Farbcodierung: Mit Farben Navigationsstrukturen leichter zugänglich und übersichtlicher zu machen, hat schon mancher versucht. Weshalb eine gute Benutzerführung im Web nicht von Farbcodes abhängt, beschreibt Christopher Müller in seiner April-Kolumne.

22. April 2016
Dr. Christopher H. Müller, Inhaber, Expert Consultant

Inhaber, Expert Consultant

Theorie

Unter Farbcodierung versteht man die Strukturierung von Informationen oder Funktionen anhand von definierten Farben. Beispiel Webshop: Lebensmittel sind in der gelben Rubrik zu finden, Reinigungsmittel in der blauen, Kosmetika in der rosaroten. Die Erwartung dahinter: Mithilfe solcher Farbcodes sollen sich die Nutzer leichter orientieren können. 

Realität

Nun ist es leider so, dass der gemeine Webshopper Lebensmittel keineswegs von Natur aus mit der Farbe Gelb in Verbindung bringen würde. Klar, Farbcodes können im Prinzip bei der Orientierung helfen. Farbe ist aber immer auch Information. Ihre Zuweisung ist meist zufällig und basiert bestenfalls auf dem guten Geschmack des Gestalters. Deshalb muss ihre ordnende Funktion, ähnlich wie die von Icons, erlernt und verinnerlicht werden. Wie wir aber wissen: Je mehr Informationen auf einer Website, einer Bedienoberfläche, in einem Handbuch zusammengepfercht sind, umso mehr muss der Nutzer lernen und interpretieren. Das wiederum hilft der Usability nicht wirklich, widerspricht gar ihren Prinzipien. Besonders heikel sind farbgeführte Benutzeroberflächen auf Websites. In der sprichwörtlichen Flüchtigkeit, in der sie genutzt werden, fehlt schlicht die Zeit oder Geduld, um sich die Zuordnungen zu merken. Für den Nutzer ist es in der Praxis kaum relevant, welche Farbe ein Navigationspunkt hat. Eigentlich wissen wir das schon seit den 1990er-Jahren. Damals zeigten Studien, dass sich die Leser von Zeitschriften keinen Deut um die teuren Farbkonzepte scherten, mit denen die Verlage sie durch die Rubriken ihrer Erzeugnisse lotsen wollten. 

Fazit

Man sollte sich also bewusst sein, dass Farbe verarbeitet werden muss und somit die rasche Orientierung nicht unbedingt fördert. Besser ist es, die Nutzer mit klaren Rubriken-Bezeichnungen, konsistenten Begriffen und durchdachtem Layout ans Ziel zu führen. Die Farbcodes werden vom Gehirn eh ratzfatz ausgeblendet.

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Dr. Christopher H. Müller, Inhaber, Expert Consultant

Inhaber, Expert Consultant

Dr. Christopher H. Müller, Gründer und Inhaber der Ergonomen Usability AG, promovierte am Institut für Hygiene und Arbeitsphysiologie der ETH Zürich. Er ist seit mehr als 22 Jahren Experte für Usability und User Experience. Sein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen ermöglicht es ihm, rasch die Bedürfnisse und Perspektiven der Kunden zu verstehen. Mit viel Kreativität und Mut unterstützt er seine Kunden in Digitalisierungsvorhaben und bei der Optimierung von Produkten, Dienstleistungen oder Prozessen. Er verfolgt einen praxisorientierten Ansatz und entwickelt massgeschneiderte Lösungen, die effektiv umgesetzt werden können. Dr. Christopher H. Müller ist Kolumnist in der Netzwoche. Weitere Engagements sind unter anderem Stiftungsrat bei der Stiftung Zugang für alle, Mitglied in zwei Swico-Beiräten und Co-Präsident der Regionalkonferenz Nördlich Lägern.

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