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V wie VR

Müllers kleines ABC (Netzwoche Nr. 11, 2018): V wie VR - Das ungenügende User Experience der VR muss gelöst sein, bevor man versucht, die VR breit in den Markt zu drücken.

30. Juni 2018
Dr. Christopher H. Müller, Inhaber, Expert Consultant

Inhaber, Expert Consultant

Theorie

Eine griffige Definition für VR (aka Virtual Reality, aka virtuelle Realität) ist nicht leicht zu finden. Im Grunde ist damit aber stets eine computergeschaffene Wirklichkeit gemeint, in der man sich bewegen und mit der man möglichst direkt interagieren kann. Die Industrie jedenfalls glaubt, dass VR die knifflige Kommunikation zwischen Mensch und Maschine endgültig entspannen wird. Vorbei die Zeiten, in denen wir uns mit krückenhaften Tastaturen, Mäusen, oder Bildschirmen durch die Programme hangeln. Mit VR stehen wir quasi mitten in der Aufgabe und lösen sie instinktiv durch intensives Angucken, gutes Zureden oder wohlwollendes Zunicken.

Realität

In der (realen) Realität sind wir freilich noch weit davon entfernt. Zwar hat sich die VR in Architektur, Medizin oder Chemie etwa als Werkzeug für spezielle Aufgaben etabliert – im Büroalltag aber spielt sie keine Rolle. Zu teuer ist sie noch, zu kompliziert die Integration und zu wenig ausgereift die Nutzerschnittstellen, allen voran die VR-Brillen. Sie erst ermöglichen uns ja den Zugang zu den virtuellen Räumen.

Zu solchen, technischen und wirtschaftlichen Problemen gesellen sich noch emotionale. Vielen Nutzern wird beim Gebrauch der VR übel, weil virtuelle und reale Bewegung oder Empfindung nicht zusammenpassen. Einige erleben das Eintauchen in und das wieder Auftauchen aus der virtuellen Welt als verstörend. Andere halten die Brillen für zu unbequem oder zu schwer. Wieder andere sind schon haarscharf an einem Herzinfarkt vorbeigeschrammt, weil sich in der realen Welt Befindende mit beabsichtigter oder zufälliger Berührung körperlos in die virtuelle einbrachten. Und es gibt nicht wenige, die sich fragen, wie doof man eigentlich aussieht, mit einem so ungeschlachten Teil im Gesicht.

Fazit

Solche Probleme sollte man ernst nehmen. Sie zeugen nämlich von einer ungenügenden User Experience und müssen gelöst sein, bevor man versucht, die VR breit in den Markt zu drücken. Andernfalls droht ihr ein Schicksal wie dem 3D-Fernsehen: vor ein paar Jahren als nächstes grosses Ding in der Unterhaltung bejubelt, heute vergessen. Oder es wird ihr ergehen wie dem papierlosen Büro: Auf das warten wir nun schon seit 30 Jahren.

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Dr. Christopher H. Müller, Inhaber, Expert Consultant

Inhaber, Expert Consultant

Dr. Christopher H. Müller, Gründer und Inhaber der Ergonomen Usability AG, promovierte am Institut für Hygiene und Arbeitsphysiologie der ETH Zürich. Er ist seit mehr als 22 Jahren Experte für Usability und User Experience. Sein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen ermöglicht es ihm, rasch die Bedürfnisse und Perspektiven der Kunden zu verstehen. Mit viel Kreativität und Mut unterstützt er seine Kunden in Digitalisierungsvorhaben und bei der Optimierung von Produkten, Dienstleistungen oder Prozessen. Er verfolgt einen praxisorientierten Ansatz und entwickelt massgeschneiderte Lösungen, die effektiv umgesetzt werden können. Dr. Christopher H. Müller ist Kolumnist in der Netzwoche. Weitere Engagements sind unter anderem Stiftungsrat bei der Stiftung Zugang für alle, Mitglied in zwei Swico-Beiräten und Co-Präsident der Regionalkonferenz Nördlich Lägern.

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