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Gute UX und CX sind auch beim Feedbackprozess essenziell

Viele Unternehmen fordern von ihren Kunden Feedback zu ihren Produkten und Angeboten ein. Die Feedbackprozesse sind mitunter nicht sehr kundenfreundlich. Gerne zeige ich Ihnen auf, was User Experience für den Kunden und folglich für Ihr Unternehmen bringt – wenn man’s richtig macht.

29. Oktober 2020
Melanie Stade, Dipl.-Psych., Consultant

Consultant

Seit Jahren beschäftige ich mich intensiv mit dem Thema „digitales Benutzer- und Kundenfeedback“: in meiner Projektarbeit, beim Erkunden der Forschungslandschaft, als Softwarebenutzerin und Kundin diverser Online Dienste. Mit digitalem Benutzer- und Kundenfeedback meine ich all die Kommentarfunktionen, Sterne- und anders skalierte Bewertungen, die mir ermöglichen, mich einem Unternehmen gegenüber zu äussern. Wie zufrieden war ich mit dem Bestellprozess? Wie gefällt mir die App? Wie bewerte ich den neuen Webauftritt? Welche Funktionen fehlen noch? Was stört am Emailprogramm?

Egal ob über E-Mail, Umfrage, Kontaktformular, Forum oder Social Media: Die Möglichkeit, Feedback direkt vom Kunden zu erhalten, kann sich für Unternehmen als wertvoll erweisen. Betonung auf „kann“! Denn beim Gestalten des Feedbackprozesses gibt es zahlreiche Stolpersteine: Von wann, wo und wie Feedback möglich ist bis zur Reaktion des Unternehmens auf Feedback.

So besser nicht

Die nachfolgenden Beispiele habe ich so erlebt und sollen einige dieser Stolpersteine aufzeigen.

  1. Zehn Minuten nach Upload einer mobilen App für den An- und Verkauf gebrauchter Bücher fragte mich die App, ob ich sie nun bewerten möchte. Feedback nach nur so kurzer Benutzungszeit? Für alle sichtbar im AppStore? Ich wählte „Nein, danke!“. Schade, dass der App-Anbieter mir nicht direkt in der App die Möglichkeit gab, ihm und nur ihm eine Bewertung zukommen zu lassen. Ich hatte viele Ideen für weitere Features. Eine E-Mail zu verfassen war mir zu umständlich.
     
  2. Nach erfolgreicher Zahlungsabwicklung für den online zusammengestellten Blumenstrauss zum Muttertag bat mich der Anbieter auf der Webseite um ein kurzes Feedback. Gerne gab ich mit Ratingskalen Auskunft zur Auswahl der Sträusse, Bedienbarkeit des Konfigurators, Übersichtlichkeit des Warenkorbes und Schnelligkeit beim Bezahlen. Am nächsten Tag erhielt ich eine E-Mail mit der Bitte, den Bestellprozess zu bewerten. Nochmals? Was war mit meinem Feedback vom vorherigen Tag passiert? Ich ignorierte den Umfragelink und löschte die E-Mail.
     
  3. Im Online-Markt einer Supermarktkette hatte ich Mühe, mich zu orientieren, da die Produktkategorien ungewöhnlich zusammengesetzt und bezeichnet wurden. Ein Feedbackformular war schnell gefunden, doch auch hier stolperte ich über „Kategorien“. Zunächst musste ich spezifizieren, wovon mein Feedback handelt: Geht es um Fehler, Bedienung, Inhalt oder Sonstiges? Nach längerem hin- und her wählte ich „Bedienung“. Statt nun endlich mein Feedback tippen zu können, musste ich mich nochmals entscheiden, diesmal zwischen „Feedback zur Suche“, „Feedback zur Navigation“, „Feedback zur Übersichtlichkeit“ und „Generelle Anmerkung“. Ich bin überzeugt, dass meine Wahl „Generelle Anmerkung“ unternehmensintern zu einer niedrigen Priorität meines Kommentares geführt hat und es keine Reaktion gab.

Kein Unternehmen gab mir bisher Rückmeldung auf mein Feedback. Dabei hatte ich gute Ideen, das Produkt oder den Prozess zu verbessern. Ein „Vielen Dank für Ihr Feedback“ gibt mir zwar die Sicherheit, dass das Feedback erfolgreich übermittelt wurde – ob es auch etwas bewirkt, bleibt für mich im Verborgenen. Dabei würde ich als Feedbackgebende so gerne erfahren, was damit angestellt wird.

Auch Feedback-Buttons, Feedback-Pop-Ups und Co. sind wichtige Touchpoints eines Unternehmens, die aber oft ungenügend gestaltet sind. Benutzer und Kunden stehen offensichtlich im Feedbackprozess noch zu wenig im Mittelpunkt.

Was steckt dahinter?

Den Benutzer bzw. Kunden in den Mittelpunkt stellen – das ist das zentrale Vorgehen im User Experience (UX) und Customer Experience (CX) Management. Bei der Gestaltung der Produkte und Services, die der Benutzer bzw. Kunde wiederum später bewertet, wird dies durchaus gelebt. Hingegen kommen UX- und CX-Aktivitäten für die optimale Gestaltung des Feedbackprozesses erfahrungsgemäss noch zu wenig zum Einsatz. 

Woran könnte das liegen?

Die negativen Auswirkungen von schlechter UX und CX im Feedbackprozess werden im Unternehmen unterschätzt. Zu den negativen Auswirkungen für das Unternehmen intern gehören z.B. zu wenig aussagekräftige Rückmeldungen und Bewertungen. 

Die im Kern sehr ähnlichen Feedbackansätze suggerieren, dass es einen „Goldstandard“ für den Feedbackprozess gibt. Hinzu kommt, dass Feedbackformulare und Co. mit wenig Aufwand umsetzbar sind. Sei es als in-house Lösung oder mit Hilfe der zahlreichen Feedbacktools. Es ist somit verlockend, einfach loszulegen, anstatt nochmals einen Schritt zurückzugehen und zu prüfen: Was will ich mit dem Feedbackprozess erreichen und was brauchen meine Benutzer bzw. Kunden?

Mit Kundenfokus (UX und CX) zum guten Feedbackprozess

Best Practices, Lösungsvorlagen von Anbietern und Beispiele der Konkurrenz können als Anregung für den eigenen Feedbackprozess dienen. Sie ersetzen aber nicht, als Unternehmen kritisch zu hinterfragen, welche Bedürfnisse die Feedbackgebenden haben und welches der passende Feedbackansatz ist. Methoden aus User Experience und Customer Experience eignen sich sehr gut, um den Feedbackprozess wirkungsvoll und für Kunden wie Unternehmen gleichermassen nützlich zu gestalten. 

Hier beispielartig ein paar Methoden:
•    Customer Journey für den Feedbackprozess
•    Personas, die Motive und Einstellungen von Feedbackgebenden abbilden
•    Eine priorisierte Liste, welche Funktionen ein Feedbacktool benötigt
•    Strategien zur Erhöhung der Bereitschaft von Benutzern und Kunden, Feedback zu geben

Übrigens: Die genannten UX- und CX-Aktivitäten und die daraus abgeleiteten Artefakte wie Personas helfen nicht nur beim Gestalten von Feedbackprozessen, sondern auch bei anderen Problemstellungen rund um Produkte und Services. In unseren Projekten greifen wir daher auf unseren prall gefüllten UX- und CX-Methodenkoffer zurück und wenden unser Knowhow für die Optimierung von Apps, Websites, Dienstleistungen und vieles mehr an – stets mit dem Benutzer, dem Kunden im Mittelpunkt.

Und wie soll der Feedbackprozess denn nun sein?

«Wertschätzung» ist für mich das zentrale Thema. Mit meinem Feedback will ich etwas bewirken. Ich will, dass die Qualität des Produktes oder der Dienstleistung verbessert wird oder auf gutem Niveau bleibt. Daher will ich informiert werden, was aus meinen Bewertungen und Reviews gemacht wird, was es schliesslich nützt.

Einfache Mittel reichen schon: Zum Beispiel mit einer direkt an mich gerichteten Nachricht, dass mein Vorschlag aktuell im Unternehmen diskutiert wird. Oder mit einem Newsletter, in dem das Unternehmen die Kernergebnisse einer Feedbackumfrage vorstellt und nächste Schritte aufzeigt. Zur Wertschätzung gehört für mich auch, dass sich das Unternehmen die Kommunikationsstrategie mit mir, der Kundin, durchdenkt. Ich möchte nur dann Bewertungsanfragen bekommen, wenn ich nicht gerade etwas Wichtiges zu tun habe. Und ich möchte nicht lange nach einem Kommentar-Button suchen, um Lob oder Kritik zu formulieren. Auch möchte ich selbst entscheiden, wie viel Aufwand ich in das Feedback stecke und für wen das Feedback sichtbar ist. Freitexteingaben und Smiley- oder Sterneskalen reichen mir häufig nicht. Meist will ich etwas direkt auf dem Screenshot oder mit einem Foto verdeutlichen.

Gezeigtes Interesse an meinem Feedback und das Bemühen, auch im Feedbackprozess alles zu geben, runden mein Gesamterlebnis mit dem Produkt oder Service eines Unternehmens ab. Dann gebe ich als Benutzerin und Kundin gerne und häufig Feedback – und meine Zufriedenheit und Kundentreue steigt.

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Melanie Stade, Dipl.-Psych., Consultant

Consultant

Diplom-Psychologin mit Begeisterung für User Involvement. Verstärkt seit Anfang 2020 unseren Kernbereich Usability und User-Research.

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